Der Verfassungsschutz überwacht Klimaaktivist*innen - Newsletter von M. Sulzbacher
Die Beobachtung passiert bereits. Auf Anfrage bestätigte das Innenministerium, dass der Verfassungsschutz, die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten beobachtet. Dies sei „notwendig, um die aktuelle Lage und mögliche Entwicklungen bewerten sowie zukünftige Szenarien und mögliche Gefahren für die innere Sicherheit Österreichs frühzeitig erkennen zu können.“
Aktion verhindert
Die Beobachtung dürfte auch bereits engmaschig sein. Laut dem Nachrichtenmagazin Profil schritten Verfassungsschützer im September ein, als ein Aktivist versuchte, sich im Naturhistorischen Museum an einen Dinosaurier zu kleben. Die Aktion wurde in letzte Sekunde verhindert.
Derartige staatliche Beobachtungen sind nicht Neues. In Österreich werden Umweltschützerinnen und Umweltschützer seit den 1970er Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet, die Grünen und die ihre Vorläufer wurden in den 1980er Jahren permanent überwacht.
Für Stammtische und den Boulevard
Die Klimaaktivist*innen der Letzten Generation als „Terroristen“ zu bezeichnen, ist abwegig und absurd. Geschütze Bilder mit Flüssigkeit zu beschütten, ist sicher kein Terrorismus. Es ist auch keine Vorstufe zu Terror zu erkennen. Das Framing der FPÖ zielt aber darauf ab, Aktivistinnen und Aktivisten zu kriminalisieren und um Stammtische und Boulevardmedien zu befeuern. (Markus Sulzbacher, 17.11. 2022)
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Angriff auf einen jüdischen Schüler
Antisemitische Angriffe und Drohungen sind in Österreich an der Tagesordnung. Täglich kommt es zu mindestens zwei judenfeindlichen Vorfällen, wie der am 3. November vorgestellte Halbjahresbericht 2022 der Meldestelle für Antisemitismus zeigt. Am Tag, als der Bericht offiziell vorgestellt wurde, griffen drei Täter einen Kippa tragenden jüdischen Schüler bei einer U-Bahn-Station an. Nach einem Schlag auf den Hinterkopf lachten sie den benommenen Jungen aus und filmten ihn dabei.
Bisher fand dieser Angriff wenig Beachtung. Es gab kaum Berichterstattung oder Stellungnahmen dazu. Das ist ein Problem. Auf derartige Angriffe braucht es unmissverständliche Antworten. Besonders in Österreich.
Antisemitisches Codes
Hierzulande verurteilen die meisten Parteien Antisemitismus, aber oftmals klingen die Stellungnahmen wie eine Pflichtübung, wenn gleichzeitig in Aussendungen der Name „Tal Silberstein“ erwähnt wird – ohne dass der israelische Politberater irgendetwas gesagt oder getan hat. Sein Name ist einerseits ein Synonym für einen toughen Political Operator. 2017 hat er für die SPÖ Guerilla-Wahlkampf betrieben. Andererseits ist sein Name auch ein antisemitischer Code. So wie es Jörg Haiders antisemitischer Code war, seinerzeit im Wiener Wahlkampf von der „Ostküste“ zu reden. Es sind solche Codes, die Antisemiten sofort hellhörig werden lassen – da ist jemand, der dieselbe Sprache spricht.
„Herren aus Amerika und Israel"
Der aktuelle ÖVP-Innenminister Gerhard Karner nannte vor Jahren politische Mitbewerber „heimatfremd“ und „landesfeindlich“ oder unterstellte ihnen, „Herren aus Amerika und Israel zu beschäftigen“. Erst nachdem es massive Kritik hagelte und er unter Druck geriet, distanzierte er sich von dieser antisemitischen Rhetorik.
ÖVP und die Grenzen
Auch fällt auf, dass aus den Reihen der ÖVP nur selten etwas zu hören ist, wenn FPÖ-Politiker die Grenzen zum Antisemitismus überschreiten oder der Partei nahestehende Medien strukturell antisemitische Verschwörungserzählungen („Great Reset“, „Globalisten“) verbreiten.
Dann ist da noch ein Denkmal, das im Herzen Wiens steht und den ehemaligen Bürgermeister Karl Lueger ehrt, einen der prononciertesten Antisemiten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Das insgesamt 20 Meter hohe Denkmal mit einer vier Meter hohen Bronzefigur Luegers am Stubentor wurde 1926 errichtet und sorgt seit Jahren für Debatten. Immer wieder wurde von Kritikern eine Umgestaltung oder gar Entfernung gefordert. Seit dem Vorjahr ist das umstrittene Bauwerk mit dem Wort „Schande“ besprüht
Trotz zahlreicher Aufforderungen und Protestaktionen stemmt sich die Stadt Wien, in der die SPÖ den Ton angibt, bisher gegen eine Entfernung des Denkmals. Sie setzt auf eine „künstlerische Kontextualisierung“, wie sie seit wenigen Wochen bei dem Denkmal zu sehen ist.
„Lueger temporär“ heißt das Projekt. Es ist eine gewaltige Holzkonstruktion, die sich vor der Lueger-Statue auftürmt. Darin sind Umrisse von 16 „Erinnerungszeichen“ zu sehen, die in öffentlichen Plätzen in Wien an den von 1897 bis 1910 amtierenden Bürgermeister erinnern – von der einstigen Lueger-Kirche über Brücken bis hin zu Plaketten.
"Dafür braucht es die Statue als solche jedoch nicht.“
Diese temporäre Installation wird von den „Jüdischen österreichischen Hochschüler:innen“ kritisiert als bedeutungsarm und „ein peinlicher Fehlgriff, da sie den Antisemitismus Luegers verschweigt und den ehrenden Charakter der Statue in keiner Weise angreift“. Sie fordern „eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Figur Luegers als antisemitischen Agitator, welche letztendlich nur den Abriss der Statue bedeuten kann. Wer Antisemit:innen im Stadtbild Platz einräumt, legitimiert Antisemitismus gleichermaßen. Es spräche nichts dagegen, mittels einer Kontextualisierungstafel die Geschichte des Platzes zu erklären. Dafür braucht es die Statue als solche jedoch nicht.“ (Markus Sulzbacher, 17.11. 2022)
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Das Verbotsgesetz wird verschärft
Das haben am Montag Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) nach Vorliegen eines Berichts einer eigens eingesetzten Arbeitsgruppe angekündigt. Demnach wird etwa auch strafbar, wenn einschlägige Inhalte vom Ausland aus mit Zielrichtung Österreich gepostet werden. Zudem erfolgt bei einer Verurteilung nach dem Verbotsgesetz automatisch der Jobverlust im öffentlichen Dienst.
NS-Devotionalien sollen auch ohne Strafverfahren aus dem Verkehr gezogen werden können.
Auch wird jede Form von NS-Verharmlosung soll künftig strafbar sein. Etwa wenn bei Corona-Demonstrationen gelbe Sterne mit der Aufschrift „ungeimpft“ zu sehen sind.
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Markus Sulzbacher
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