Newsletter von Markus Sulzbacher - Ausgabe #2: "Neonazis im jugoslawischen Bürgerkrieg"
Diese Woche wurde von der Bundesregierung das Verbot von Symbolen der kroatischen HOS-Miliz auf den Weg gebracht. Verbindungen dieser paramilitärischen Einheit mit der österreichischen Neonaziszene in den 1990ern sind auch ein unterbelichtetes Kapitel des Rechtsextremismus nach 1945. Ich habe aufgeschrieben, was darüber bekannt ist.
Neonazi-Söldner an der Seite der HOS
Im Zusammenhang mit dem geplanten Aus der jährlichen Gedenkveranstaltung am Loibacher Feld bei Bleiburg/Pliberk werden nun weitere faschistische Symbole verboten. Dies hat der Ministerrat am Mittwoch beschlossen. Neben den schon jetzt untersagten Symbolen der kroatischen Ustascha soll das Zeigen von Symbolen der HOS (Hrvatske obrambene snag, kroatisch für kroatische Verteidigungskräfte) unter Strafe stehen.
Die HOS war eine kroatische paramilitärische Organisation zu Beginn des Kroatien- und Bosnienkriegs 1991 bis 1993, die sich in der Tradition der faschistischen Ustascha sah, die an der Seite Nazideutschlands kämpfte und deren Anhänger Serben, Juden, Roma und kroatische Antifaschisten und Antifaschistinnen in eigenen Konzentrationslagern ermordeten. HOS war auch der Name der Ustascha-Armee bis 1945.
Die HOS spielt auch bei einem bisher unterbelichteten Kapitel des österreichischen Rechtsextremismus nach 1945 eine Rolle. Während des Bürgerkriegs in Ex-Jugoslawien kämpften an der Seite der Miliz auch Neonazis aus Österreich.
Freiwillige aus zahlreichen europäischen Ländern
Sie folgten Anfang der 1990er Jahre Aufrufen, für ein „freies Kroatien“ einzutreten, die in zahlreichen Publikationen der extremen Rechten zu finden waren. In einer Spiegel-TV-Dokumentation bezeichneten sich Freiwillige, die aus zahlreichen europäischen Ländern kamen, als überzeugte „Neonazis“ oder stolzierten in SS-Uniformen vor der Kamera. Sie bewohnten Häuser, deren Bewohner und Bewohnerinnen zuvor geflohen waren und plünderten zurückgelassene Habseligkeiten.
In der TV-Dokumentation kommt ein Mann aus Österreich ausführlich zu Wort. Er war bei der „Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition“ (VAPO), der militantesten Gruppierung jener Tage. Diese Gruppierung sah sich in der Nachfolge der SA, führte regelmäßig sogenannte Wehrsportübungen durch und wird in Verbindung mit Brandanschlägen gebracht. Die „Neugründung der NSDAP“ und die „erneute Machtergreifung“ waren das erklärte Ziel der deklariert gewaltbereiten Truppe, die in Liedern und ihren Publikationen den Holocaust verherrlichten.
VAPO-Gründer Gottfried Küssel wollte am 14. Jänner 1991 ein „bewaffnetes, technisches Sanitätskorps“ nach Kroatien schicken. Eine Woche zuvor wurde er jedoch in Wien wegen Verstoßes gegen das Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung verhaftet. Trotz der Verhaftung tauchten VAPO-Leute und Neonazis aus Deutschland bei der HOS auf. Wie viele und wo genau sie im Einsatz waren, ist bis heute kaum aufgeklärt. Behörden sprachen von 30 bis 100 Personen.
Kein Thema vor Gericht
Mindestens zwei Neonazis aus Österreich waren in den Reihen der VAPO aktiv. Die beiden standen zwar nach ihrer Rückkehr nach Österreich unter anderem wegen NS-Wiederbetätigung und Waffenbesitz vor Gericht, dabei spielten ihre Teilnahme am Bürgerkrieg jedoch keine besondere Rolle. Dadurch bleibt dieses Kapitel des Rechtsextremismus größtenteils im Dunkeln.
Einer der beiden Männer tauchte Jahre später im Umfeld von Blood and Honour auf, einem international agierenden militanten Neonazi-Netzwerk, das sich als Elite der rechten Szene versteht – und in Deutschland seit über 20 Jahren verboten ist. (Markus Sulzbacher, 3.12. 2021)
Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag und freue mich sehr über Feedback, Markus Sulzbacher
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